Grafik zum Feedbackformular der www.Stoff-Schmie.de

Sprachen

  • Lies: Deutsch
  • Lies: English

"Die ganze Geschichte zum Kissen - die einzig WAHRE!" von Susanne Gebert und der Agentur für Bildbiographien

Meine Neugier hat mich mal wieder belohnt. Denn neugierig nach dem Hintergrund eines Motives und der Idee von Susanne Gebert, hab ich offensichtlich die Ur-Enkelin von einem der Vorväter der Stoff-Schmie.de gefunden. Aber lest ruhig die ganze Geschichte:

Das Kissen-Motiv unseres ersten Kissenmodells „Charlotte“ 1. Wie kam die Agentur für Bildbiographien zu Susanne Gebert?    

"Durch Zufall, aus Versehen und beim Aufräumen. Ich hatte mir nach längerer Zeit meine „Stopfschränke“ im Keller vorgenommen und dabei einen Ordner mit alten Familienfotos und Dokumenten gefunden, von dem ich gar nicht wusste, dass er in meinem Besitz ist. Ich war begeistert, doch als ich meinen Töchtern voller Stolz die Fotos ihrer Vorfahren zeigen wollte, zogen die zu meiner Überraschung ziemlich gelangweilte Gesichter: Mit den Bildern ihrer Urgroßeltern, Großeltern und diverser Tanten und Onkel konnten sie überhaupt nichts anfangen, für sie waren es fremde Gesichter ohne Geschichte und ohne Hintergrund. Eigentlich, so meine Überlegung, könnte ich den Ordner dann auch gleich wegwerfen. Warum sollte ich alte Fotos von Fremden für meine Kinder aufheben? Oder ich erzähle meinen Mädchen die Geschichten zu diesen Fotos, die Geschichte über einen Teil ihrer Wurzeln. Ich habe mich für Letzteres entschieden.  

Was so harmlos im Keller begonnen hatte, wurde zu einem ziemlich aufwändigen Projekt. Mein Jahrgang liegt ein kleines bisschen nach 1910, dem Geburtsjahr meiner Großmutter, und viele Geschichten aus ihrem Leben und dem unserer Familie kannte ich nicht, oder hatte sie vergessen. Die Rekonstruktion unserer Familiengeschichte verdanke ich einer älteren Tante und einem Onkel, die beide – einmal auf die Idee gebracht – eifrig in der Vergangenheit gewühlt haben und sich nach und nach an unglaublich viele Anekdoten und Zusammenhänge erinnerten. 

Als ich das gedruckte Buch – über 20.000 Wörter, mehr als 100 Abbildungen – meiner Schwester zur Taufe ihrer Kinder schenkte, war es der Renner bei den Taufgästen. Ich hatte etliche Nachbestellungen und plötzlich Aufträge für weitere Biografien. Die „Agentur für Bildbiographien“ war als Idee aus der Taufe, eigentlich aber aus dem Keller gehoben."  

Stoffzuschnitt für die Fotokissen2. Was steckt hinter diesem Kissen-Motiv für eine Geschichte?    

"Das Kissen-Motiv unseres ersten Kissenmodells „Charlotte“ zeigt eine Fotografie meiner Großmutter Irmgard Charlotte Buschmann an ihrem Arbeitsplatz bei der Firma „Bruno Tautenhahn – Kunstseide“ in Chemnitz zu Beginn der 1930er Jahre. Meine Großmutter sieht auf diesem Foto so jung, so glücklich und so optimistisch aus, dass ich es einfach als Logo für meine Agentur und als Motiv für unser erstes Kissen wählen musste. 

Ich vermute, dass sie zu dieser Zeit bereits näheren Kontakt zu meinem späteren Großvater hatte, der ursprünglich an ihrer jüngeren Schwester interessiert war, sich  allerdings – wegen geringer Erfolgsaussichten –   sehr pragmatisch umorientiert hatte. Bei vier fast gleichaltrigen Schwestern bleibt eben einiges in der Familie. Nach ihrer Traumhochzeit mit ihrem Traummann wendete sich das Blatt für meine Großmutter leider schnell. Abgesehen von den äußeren Umständen – die Zeit des Nationalsozialismus, der zweite Weltkrieg – schlug das Schicksal bei ihr ziemlich hart zu: Ihre zweitgeborene Tochter erkrankte schwer und starb im Alter von zweieinhalb Jahren, kurze Zeit später stellte sich heraus, dass mein Großvater seine kriegsbedingte Aushäusigkeit nutzte, um meine Großmutter nach Strich und Faden zu betrügen. Das gipfelte darin, dass er seine schwangere Freundin aus dem zerbombten Berlin mit nach Hause in ihr kleines, relativ verschontes Dorf brachte und sie als „Frau eines gefallenen Kameraden“ in ihrer gemeinsamen Wohnung einquartierte. Dieser Coup flog durch einen verhängnisvollen Brief auf, in den letzten Kriegsmonaten ließ sich meine Großmutter scheiden.    

Nach Kriegsende stand sie dann wie so viele Frauen ohne Mann da, mit kleinen Kindern und  als alleinerziehende „Working Mom“. In der „schlechten Zeit“ ging es erst einmal ums physische Überleben, später ums moralische, als offensichtlich wurde, was sie alles nicht wahrgenommen hatte oder nicht wahrnehmen wollte. Trotz allem: Meine Großmutter hat ihre Schlachten geschlagen und ihre Kinder großgezogen. Sie ist dabei – und dafür bewundere ich sie sehr – niemals bitter geworden. Ich kannte sie als außerordentlich liebenswürdige kleine Dame, durchaus eigenwillig mit Spleens und Marotten, wie sie älteren Damen zustehen. Für uns Enkelkindern war sie eine sehr liebevolle und zugewandte Oma.

Ich denke, dass sich ihr Lächeln bei „Bruno Tautenhahn – Kunstseide“ aus den 1930er Jahren letztendlich erfüllt hat, zwar nicht so wie ursprünglich geplant, aber durch ihren Mut und ihre Tapferkeit auf andere Art und Weise. Und ich glaube, dass dieser Weg für viele Menschen gilt. Das ist die Botschaft hinter der Geschichte zum Logo- und Kissenmotiv." 

Kurzbiografien – auf Kissen3. Wo und wie entstehen die Kissen zur Bildbiographie?      

"Die Kissen entstehen erst in unseren Köpfen, dann an meinem Computer mit direktem Draht zur Stoff-Schmie.de und schließlich an Meikes Nähtisch, den man sich unter www.meilasnaehwerkstatt.de auch genauer ansehen kann. Als ich Meike vor einiger Zeit kennen gelernt habe, war ich sehr froh, endlich Antworten auf die wiederkehrende Frage zu haben, ob man nicht neben den aufwändigeren Bildbiographien auch aus einzelnen Fotos besondere Erinnerungen oder Geschenke herstellen könnte. Meike ist gelernte Schneiderin und eine echte Künstlerin an der Nähmaschine, sie zaubert aus Euren tollen Stoffen echte Kurzbiografien – auf Kissen.  

In unserem Lädchen haben wir mittlerweile ein kleines Angebot für individuelle Erinnerungsstücke zusammengestellt, auch mit „textilfreien“ Artikeln. Unsere Kissenmodelle und das, was wir noch „in der Pipeline“ haben, sind uns aber die liebsten und die wichtigsten. Bei Meike ist der Bezug klar, ich dagegen kann nicht nähen, habe aber noch ein Stückchen Familiengeschichte: Mein Urgroßvater war Gründer und Inhaber der „Walzengravieranstalt Karl Hintsches“. Er hat in seiner Fabrik Druckwalzen für den Stoffdruck vorbereitet und hatte sogar einige Patente auf eigene Entwicklungen. Damit war er möglicherweise auch einer der Vorväter der Stoff-Schmie.de. Mein Urgroßvater hatte mit seiner Firma ein Vermögen gemacht, das mein Großvater – eben jener – als Erbe später ziemlich schnell durchgebracht hat. Deswegen fange ich jetzt wieder von vorne an …." 

Nach dem letzten Kissen ist vor dem nächsten, neuen Kissen.4. Welche Ideen gibt es noch, wofür man Fotografien in Stoff verwandeln könnte?    

"Alte Fotografien gehören für mich irgendwie zu Samt und Seide, deswegen werden wir in Kürze sicherlich auch „was Samtiges“ und „was Seidiges“ im Programm haben. Bei Rückfragen merken wir oft, dass viele unter „Textildruck“ immer noch die Copyshop-übliche Transferfolie im Sinn haben, die spätestens bei der zweiten Wäsche klebrig und danach auch gerne bröckelig wird. Meike und ich mögen es weder klebrig noch bröckelig, zudem ist Seide beispielsweise ein Stoff, der die hohen Temperaturen und den Druck beim Folienübertrag überhaupt nicht mag. Dank digitaler Textilveredelung starten wir also demnächst in Sachen Seide, wobei das natürlich nicht nur Stoff für elegante Kissen ist, sondern sich beispielsweise mit passendem Motiv auch sehr schön als Halstuch tragen lässt.    

Sehr spannend finden wir die Formate, die digitaler Textildruck ermöglicht. In meinem Archiv habe ich eine ganze Reihe bemerkenswerter Oldtimer-Fotos (wobei diese Autos zum Zeitpunkt der Aufnahme in den 1920er und 1930er Jahren der allerletzte technologische Schrei waren). Mir schwebt schon seit längerem eine „Oldtimer“-Bettwäsche vor, entweder fertig zum Bestellen oder als Vorlage für das eigene Lieblingsauto. Kurzum: Wir werden unsere Angebots- und Vorlagenpalette noch weiter ausbauen, bevor dann auch dieses Jahr Weihnachten wieder akut wird. Und wir freuen uns über Anfragen von Interessenten mit eigenen Ideen. Als „Zwei-Frauen-Betrieb“ sind wir klein und flexibel genug, um sehr individuell und spezifisch arbeiten zu können."

Danke, liebe Meike und Susanne für die spannenden Einblicke.

Mehr Anleitungen, spannende Geschichten und Blog Updates mit selbst designtem Stoff?

Diskussion

Anonymous's Bild

was für eine gute idee